Ein Tag wie jeder andere?

Für Bilbo war es ein Tag wie jeder andere. Er stand auf, zog sich an, machte das, was er in der Früh eben noch machen musste und ging dann zur Schule. Es war nicht so, dass er seine Schule hasste oder ähnliches. Er mochte Schule, die Art wie man ihm Wissen vermittelte, dass er die Chance hatte Wissen vermittelt zu bekommen.
Was er nicht mochte, waren die Menschen.

Schon von Weitem erkannte er die kleinen Grüppchen, die sich immer zusammenschlossen und gemeinsam über alles mögliche redeten. Bilbo gehörte zu keinen von ihnen, eher wurde er von ihnen ausgestoßen. Der Blonde zog den Kopf ein, setzte sich seine Kapuze auf und lief mit gesenktem Kopf an den Grüppchen vorbei. Heute hatte er sogar mal Glück gehabt. Sie bemerkten ihn nicht, als er an ihnen vorbei lief, viel zu sehr waren sie damit beschäftigt, sich selbst zu bewundern. Keine dummen Kommentare heute. Noch. Am liebsten hätte er sich umgedreht und wäre wieder nach Hause gegangen, aber das konnte er nicht. Außerdem wollte er sich von diesen Idioten nicht unterbuttern lassen.

Mit weiterhin gesenktem Kopf lief er durch die Aula und auf sein Klassenzimmer zu. Er hatte das Glück, dass er eine Klasse hatte, die ihn nicht dumm anmachte. Er gehörte zwar nicht wirklich dazu, die Leute verhielten sich ihm gegenüber aber neutral. Er stellte nur die Büchertasche ab und wartete. Es dauerte tatsächlich nicht lange bis sich eine Silhouette aus der an ihm vorbeilaufenden Menge erhob und auf ihn zu ging. Im Gegensatz zu Bilbo hielt Thorin seinen Blick oben. Er war zu stolz, um auch nur ansatzweise durchscheinen zu lassen, dass ihn das alles viel zu sehr verängstigte und verletzte. Bilbo kannte ihn besser. Thorin war auch niemand, der wirklich dumm angemacht wurde. Sein eiskalter Blick sagte genug aus, dass man ihm nicht zu nahe kommen sollte. Er war mehr der impulsive Typ, was ihn aber auch nicht immer rettete.

„Hey“,murmelte Bilbo leise, als Thorin bei ihm ankam. Kurz huschte über dessen Gesicht ein warmes Lächeln und er beugte sich zu dem Blonden nach unten. Der Kuss dauerte nicht lange, zeigte allerdings beiden, dass sie füreinander da waren. Bilbo wusste schon seit langem, dass er mehr für Männer empfand. Thorin erging es da ähnlich. Sie hatten nur Glück, dass ihre beiden Familien nichts gegen Schwule hatten. Im Gegenteil, Thorins Schwester hatte damit angefangen, Thorin an alle möglichen Männer zu verkuppeln und war total aufgeregt dabei gewesen. Thorin fand dieses Verhalten fast schon süß.

Bilbos Eltern hatten auch nie etwas dagegen gehabt und unterstützten ihn, wo sie nur konnten. Beide mussten sich wieder trennen und liefen ins Klassenzimmer. Wie immer wurden sie von keinem beachtet. Die ersten beiden Stunden verliefen so wie immer. Normal. Je näher die Pause rückte, umso nervöser wurde Bilbo. Immer wieder huschte sein Blick zur Uhr und er versuchte krampfhaft auszublenden, dass sie sich wieder der Hölle aussetzen mussten. Thorins Hand schloss sich um seine und drückte sie kurz, Bilbo erwiderte den Druck. Sie würden das schon schaffen.

Kaum klingelte es, stürmten alle aus dem Klassenzimmer, Bilbo und Thorin ließen sich Zeit. Sie wussten, dass dumme Kommentare folgen würden, hielten allerdings trotzdem Händchen. Es war normal. Tatsächlich fing es schon an, als sie die Treppe nach unten gelaufen waren. „OHOOO“, ertönte es hinter ihnen und Bilbos Hand verkrampfte sich schlagartig, um die seines Partners. Er war das alles hier so satt. „Na sieh mal einer an. Da haben sich die Schwuchteln doch wieder aus ihrem Loch getraut.“ Gemeinsam drehten sie sich um. Vor ihnen stand einer blonder Mann mit langen, dünnen Haaren.

Um ihn herum befand sich seine Clique die sofort lachen mussten, als sie den hörten was Thranduil gesagt hatte. „Was willst du? Kannst du dich nicht einfach selber um deinen eigenen Müll kümmern?“ Thorin trat drohend einen Schritt vor und schob sich so unauffällig vor Bilbo. Dieser kannte das bereits und seufzte auf. Der Dunkelhaarige würde diesen Beschützerinstinkt vermutlich niemals ablegen. „Ehrlich gesagt nein. Ihr seid einfach viel zu interessant.“ Ein provozierendes Lächeln spiegelte sich auf Thranduils Gesicht wieder. „Weißt du?“, säuselte er.

„Ich hab da was für euch.“ Hinter ihm begannen die Jungs unterdrückt zu prusten und hielten sich die Hände vor den Mund. Langsam wanderte Thranduils Hand in seine Tasche und er holte etwas ans Tageslicht. Die Meute hinter ihm platzte vor Lachen. „Ich dachte mir, dass das an deinem kleinen Freund hier sicher wunderbar aussehen würde. Ihr habt bestimmt schon ein paar schlaflose Nächte hinter euch.“ Vor Wut zitternd riss Thorin dem Blonden das pinke Dessous aus der Hand und stopfte es in seine eigene Tasche.
Bilbo konnte sehen, wie sich die Hände des Dunkelhaarigen zu Fäusten ballten. Er war noch nie jemand gewesen, der ruhig blieb und sich selbst beleidigen ließ. Er war definitiv stolz und das hier ging einfach zu weit. Bevor Thorin allerdings etwas machen konnte, wofür er vielleicht von der Schule geflogen wäre, griff Bilbo ein. „Es ist wirklich wunderbar, wie viele Gedanken du dir machst, Thranduil“, meinte er sarkastisch und schloss seine Finger um Thorins. „Dass du sogar Geld ausgibst, um unsere Beziehung und Liebe zu fördern, freut mich noch viel mehr. Das Ding sah nämlich auch nicht wirklich billig aus.“

Thranduil klappte die Kinnlade nach unten, was Bilbo nur mit einem Lächeln beantwortete. „Komm schon, Thorin. Ich will auch noch was von meiner Pause haben.“ Der nickte und gemeinsam wandten sie sich von der Gruppe ab. Kaum waren sie außer Sichtweite, sackte Thorin ein wenig in sich zusammen. „Du warst gut, Bilbo. Danke.“ Über dessen Gesicht huschte ein leichtes Lächeln. „Ist schon okay, Thorin. Ich hab´s für dich gemacht. Du hättest es bereut.“ Bilbo musste nicht einmal wirklich sagen, was er meinte.

„Ich liebe dich.“

Warum ich diese Geschichte geschrieben habe?
Zum einen Teil, natürlich, weil ich es mag Geschichten zu schreiben und vor allem die Charaktere der „Hobbit“ Trilogie mittlerweile sehr ins Herz geschlossen habe.
Und zum anderen, wesentlichen größeren Teil, weil mich das einfach beschäftigt. Denn es ist ein alltägliches Thema und viele Leute müssen sich damit auseinandersetzen. Wie die Geschichte dazu aussieht, ist eigentlich egal. Man könnte diese Namen genauso gut durch komplett andere ersetzen und es würde so keinen Unterschied machen oder das Thema auch gegen ein anderes austauschen, für das man gemobbt wird.
Es gibt so viele Menschen die genau diese Hölle jeden Tag durchleben müssen. Die jeden Tag Angst davor haben rauszugehen, weil sie auf eine solche Verachtung treffen. Eigentlich wollen sie genau wie jeder Andere auch nur in Frieden leben. Freunde haben, lachen können. Warum können sie das nicht? Wieso ist es ihnen nicht erlaubt einfach so aufgenommen zu werden, wie sie nun einmal sind?
Sind wir nicht auch Verfechter der Meinung, dass wir alle gleich sind?
Ich kann da leider nur aus meiner Sicht sprechen, aber meine Sicht sagt mir, dass so Vieles falsch läuft. Ich kann nicht verstehen, warum man jemanden ausgrenzt, nur weil er „anders“ ist. Was bedeutet denn eigentlich „anders“? Eine noch bessere Frage: Was bedeutet „normal“? Für jeden doch etwas anderes, oder?
Wir haben immer dieses Bild im Kopf. Den Standards die wir entsprechen müssen. Das ist normal. Genau so müssen wir sein. Ich persönlich finde, dass das absoluter Quatsch ist.
Ich bin wahrscheinlich alles andere als normal, in den Augen anderer, aber ich finde für mich selbst, dass ich doch völlig normal bin. Sollten wir nicht genau deswegen jeden auch so annehmen wie er ist? Was bringt es uns denn auch, wenn wir anderen gegenüber verachtend entgegentreten? Nichts.
Ich will nicht abstreiten, dass man manche Leute eben nicht mag. Man kann einfach nicht jeden mögen, das ist nun einmal so. Aber es gibt auch Leute, die dich nicht mögen. Ich sage mir, dass ich diese Leute doch einfach in Ruhe lasse. Wenn ich sie nicht mag muss ich nichts mit ihnen zu tun haben, trotzdem kann ich doch höflich sein und nicht auf ihnen herumhacken.
Ich nehme mir manchmal ein bisschen Zeit um über den Begriff „normal“ nachzudenken. Und ich komme doch immer wieder zu einem Ergebnis:
Jeder Mensch ist normal.

Schülerin der 8. Klasse