Jugendliche nahmen am KZ-Gedenken teil – „Moabiter Sonett“

HERSBRUCK (jr) – Viele Kerzen säumten den Weg des Schweigemarschs zum Bocchetta-Mahnmal. Mit dieser stillen Geste haben zahlreiche Hersbrucker Schüler gezeigt, dass sie die geschichtliche Verantwortung der Stadt mit ehemaligem KZ-Außenlager wach halten wollen. ..Wir sind nicht schuldig, aber wir sind verantwortlich dafür, dass nicht geschwiegen wird, sagte Peter Schön.
Traditionell gestalten Katholiken und evangelische Hersbrucker Religionsgemeinschaften und der Verein Dokustätte KZ Hersbruck das Gedenken an die NS-Opfer.
Der frühere Bundespräsident Roman Herzog hat dazu deutschland-weit den 27. Januar bestimmt — es ist der Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch die Rote Armee. Zunächst riefen die Glocken der Spitalkirche zum gemeinsamen Gebet. Neben Christen folgten auch Muslime dieser Einladung.
Gabriele Netal-Backöfer eröffnete die Feier in dem überfüllten Gotteshaus mit einem jiddischen Wiegenlied aus Kriegszeiten. Peter Schön vom Dokuverein erläuterte den Leitgedanken der Veranstaltung: „Zu lange geschwiegen, das Schweigen brechen”. Der ehemalige Gymnasiallehrer erinnerte daran, dass die meisten Deutschen von der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler begeistert waren.
In den Mittelpunkt seines Vortrags stellte Peter Schön ein Sonett von Albrecht Haushofer. Dieser war in den 1930er Jahren ein Mitarbeiter im Stab des Reichs-Außenministers Joachim von Ribbentrop. Er wandte sich dann aber dem Widerstand gegen die Nazis zu.
Haushofer wurde verhaftet und 1945 zusammen mit dem Bruder von Dietrich Bonhoeffer hingerichtet. In einem Berliner Gefängnis schrieb er die „Moabiter Sonette“.
Pastoralreferentin Ursula Oasen, Dekan Dr. Werner Thiessen, Pfarrer Rainer Zimmerschitt und Pfarrer Christian Odefey verlasen die Fürbitten. „Besonders denken wir an die Tausende von Menschen, die damals (in der NS-Zeit) in unserer Stadt und Region grausam gelitten und zu einem Großteil ihr Leben gelassen haben“, sagte Ursula Ciasen.
Peter Schön freute sich, dass erstmals auch Jugendliche aktiv an der Gedenkfeier teilnahmen. Während des Schweigemarsches durch die Amberger Straße säumten sie mit Lichtern der Erinnerung den Weg und schlossen sich dann dem Zug an. Die Hersbrucker Polizei unter Leitung von Chefin Evi Dirmeier-Gaßner übernahm die Absicherung.
Schüler engagierten sich bei der Andacht am Ziel Bocchetta-Mahnmal im Rosengarten mit verschiedenen Wortbeiträgen. „Im Dunkel unsrer Nacht entzünde das Feuer, das nie mehr erlischt, niemals mehr erlischt“, lautete das Abschlusslied, bevor die Geistlichen nach einem „Vater unser“ den Segen erteilten. Etliche verweilten noch an der vom KZ-Insassen Vittore Bocchetta gestalteten Figur „ohne Namen“.