Werner Bernhardt von der Kripo Schwabach erläutert vor über 100 besorgten Eltern und Lehrern, wie gefährlich die neue Droge ist
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HERSBRUCK (sw) – Aufgerüttelt vor allem durch Medienberichte erhofften sich mehr als hundert besorgt Eltern und Lehrer Informationen über die gefährliche Droge, die derzeit Nordost-Bayern überschwemmt: Crystal Meth. Ein Experte auf dem Gebiet ist Kriminalhauptkommissar Werner Bernhardt von der Schwabacher Kripo. Das Bild, das er im Saal des Gasthauses „Beim Planken“ in Altensittenbach zeichnete, darf durchaus als düster bewertet werden. „Crystal gibt es überall in Nordbayern. Diese Droge spült alle anderen Drogen wie Heroin oder Kokain weg.“ Gekommen war er auf Einladung von Andrea Nüsslein, der Elternbeiratsvorsitzenden der Johannes-Scharrer-Realschule. Wirt Roland Winkler hatte dazu den Saal kostenlos zur Verfügung gestellt.
Bernhardt fokussierte: Psycho-Pilze, LSD, Kokain, Speed, Heroin – „mit diesen Drogen haben Ihre Kinder nichts zu tun, die finden wir hier nicht“. Es sei nach wie vor der Joint, mit dem sich die Kids benebeln. „Haschisch und Marihuana waren vor 30 Jahren die Jugenddroge schlechthin, sie werden es in 20 Jahren noch sein.“ Er räumte schnell mit dem Märchen vom Dealer am Bahnhof auf: Der erste Joint werde in 37 Prozent der Fälle vom Freund oder der Freundin vermittelt, in 25 Prozent der Fälle kommt es durch die Clique zum ersten Mal zum Kiffen (siehe Gerichtsbericht Seite 3). „Der erste Dealer ist immer ein Bekannter, und es kann genau der Kumpel Ihres Sohnes sein, der aus einem guten Haus stammt.“ Er warnte davor, Haschisch als weiche Droge zu sehen: „Wer mit zwölf Jahren regelmäßig Haschisch raucht, hat ein fast 100-prozentiges Risiko, später psychisch zu erkranken.“ Haschisch ist harmlos? „Das darf ein 25- Jähriger denken, dessen Hirn ausgebildet ist – aber kein Zwölfjähriger.“
Eindringlich warnte Bernhardt vor den sogenannten „Kräutern“. Sie kommen in bunten Plastiktütchen daher, heißen Badesalz, Pflanzendünger oder schlicht Kräutermischung. Jedoch: Der Inhalt ist Chemie pur und nicht einschätzbar in der Dosierung. „Es kann passieren, dass der eine vom Rauchen desselben Zeugs einen Rausch hat und der andere ins Koma fällt.“ Noch teuflischer ist Crystal Meth. „Es macht Menschen kaputt, teilweise führt es zu irreparablen Nervenschädigungen.“
Crystal Meth ist die Droge, die derzeit Nordbayern von Tschechien aus überflutet. Es ist billig, macht sehr schnell abhängig und sehr schnell kaputt. Und die Droge ist überall: „Ob Roth, Schwabach, Leinburg, Hersbruck – es ist überall das gleiche Bild.“
Im Publikum herrschte Betroffenheit, als Bernhardt die Folgen des Crystal-Konsums schilderte: Aggressivität, Nervosität, blutige Wunden, beispielsweise als Folge von manischem Pickel-Drücken, der lange Trip von bis zu 48 Stunden, der darauf folgende komatöse Schlaf. In seiner Arbeit hat er mit so vielen Crystal-Abhängigen zu tun gehabt, dass er einen Satz nicht mehr hören kann „Ich hab’s im Griff“, oder „das ist ne Frage des Charakters“. Ist es eben nicht, stellte Bernhardt klar. Niemand hat diese Droge im Griff, kein Charakter kommt gegen einen auch tödlichen Mix aus Chemikalien an. Otto Wolze, CSU-Kreisrat und Arzt, besuchte die Veranstaltung. Als Arzt wollte er wissen, welche Chance es gibt, Süchtige von Crystal zu entwöhnen. Die Chance gebe es, so Bernhardt, wie hoch sie ist und wie hoch die Rückfallquote ist, könne er angesichts der kurzen Zeit, in der die Droge in Deutschland existiert, noch nicht sagen.
Fazit: Crystal Meth ist kristallgewordener Horror – für die Abhängigen, ihre Familien, aber auch für die Verfolgungsbehörden. Denn eines eint die Szene: das Schweigen. Aber: Die Hersbrucker Polizei – im Publikum saß auch Chef Johann Meixner – und die Kripo haben das Problem im Fokus: In 70 Prozent ihrer Arbeitszeit beschäftigen sich die Drogenfahnder bereits jetzt mit Crystal.
Mit freundlicher Genehmigung der Hersbrucker Zeitung